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Meier: „Verein darf nicht auseinanderbrechen“

Hamburger Abendblatt, 23.05.2014

Der Aufsichtsratschef über die Zukunft des HSV mit und ohne HSVPlus

Hamburg. Er wird bei der Mitgliederversammlung des HSV im Stadion (11 Uhr) eine Hauptrolle einnehmen: Jens Meier muss als Versammlungsleiter dafür sorgen, dass die Diskussion über die Abstimmung der Ausgliederung sachlich verläuft. Was aber passiert, wenn HSVPlus scheitert?

Hamburger Abendblatt: Herr Meier, täuscht der Eindruck, oder ist der Aufsichtsrat in jüngster Vergangenheit abgetaucht?

Jens Meier: Wir sahen unsere Rolle darin, geräuscharm im Hintergrund zu arbeiten, damit sich das Team voll auf den Fußball konzentrieren kann. Ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit Sanierung und halte es für besser, wenn sich Kontrollgremien zurückzuhalten, bis es etwas zu berichten gibt. Das Wichtigste ist, dass sich der Aufsichtsrat nicht an öffentlichen Debatten beteiligt.

Das hat aber dazu geführt, dass der Eindruck aufkam: Wenn HSVPlus nicht kommt, bricht das Chaos aus.

Meier: Wenn Sie an dieser Stelle erwarten, dass ich mich positioniere, muss ich Sie enttäuschen. Wir sind der Meinung, dass wir uns in der Sache neutral zu verhalten haben. Würde ich als Versammlungsleiter eine Grundsatzrede für oder gegen ein Konzept halten, wäre das falsch.

Sind Sie wirklich neutral? Es ist doch bekannt, dass das Verhältnis des Gremiums zu Vorstand Hilke belastet ist.

Meier: Wie unser Verhältnis zu einzelnen Vorstandmitgliedern ist, würde ich nie öffentlich kundtun. Aufsichtsrat und Vorstand haben ein Arbeitsverhältnis. Vor dem Hertha-Spiel haben wir Personalgespräche geführt und uns ausgetauscht über das, was gut und weniger gut gelaufen ist. Öffentliche Debatten unter Beteiligung von hochrangigen HSV-Vertretern hingegen, ob ein Beiersdorfer, Bierhoff oder Gernandt Ämter übernehmen, halte ich für grenzwertig.

Ihr Aufsichtskollege Christian Strauß ist da offensiver. Er fordert öffentlich, dass ein neuer Vorstand her muss. Ist diese Meinung mehrheitsfähig, wenn HSVPlus nicht kommt?

Meier: Das entscheidet am Ende der Aufsichtsrat, in dem er und ich jeweils nur eine von elf Stimmen haben. Grundsätzlich kann ich Ihnen aber versichern, dass ich einen Plan B in der Tasche habe, wenn HSVPlus nicht die erforderliche Mehrheit erhält. Ich betone aber ausdrücklich, dass diese Aussage nicht als Gegenentwurf zu HSVPlus zu verstehen ist.

Anders gefragt: Welches Zeugnis stellen Sie denn dem Vorstand denn aus?

Meier: Das ist ein Thema, das wir frühestens am 26. Mai mit dem Vorstand besprechen, wenn es um die Zukunft geht. Ich finde es aber unverschämt und unhanseatisch, wenn sich jetzt einige Leute öffentlich äußern und übereinander herfallen. Das ist Teil des Problems beim HSV!

Worum würde es dann gehen, wenn HSVPlus durchfällt?

Meier: Ich stehe in der Pflicht, auf jeden Fall vorbereitet zu sein und einen Aktionsplan zu präsentieren bis zu Beginn der neuen Saison. Egal, wie es ausgeht: Der HSV muss in Vorwärtsbewegung kommen und wieder in einer Periode nachhaltigen Erfolg haben.

Wie soll das gelingen?

Meier: Eine wesentliche Rolle spielt ein Finanzkonzept, dazu eine Unternehmenskultur, ein vertrauensvoller Umgang miteinander. Man könnte auch von Ethikrichtlinien sprechen.

Stichwort Finanzen. Wie viel Druck lastet hier auf dem Verein? HSVPlus wirbt ja auch mit Investor Kühne.

Meier: Die Saisonfinanzierung ist gesichert. Eine wichtige Aufgabe des Vorstands ist es, sich des Themas Sponsoring anzunehmen, mit Unterstützung der Räte.

Wird es Kühne nicht mehr geben, wenn HSVPlus durchfällt?

Meier: Das kann nicht beurteilen. Ich kenne die Herren Kühne und Gernardt gut und schätze sie sehr, das sind exzellente Manager. Auch in der aktuellen Konstellation wäre Herr Gernandt eine absolute Bereicherung für den HSV-Aufsichtsrat. Ich sage ehrlich: Wenn HSVPlus nicht durchkommt, wäre sicher auch Herr Kühne einer meiner Ansprechpartner. Er hat ja immer betont, als Unterstützer nicht allein sein zu wollen. Und genau das muss doch Bestandteil eines jeden Konzeptes sein, dass man den Verein auf mehrere strategische Partnerschaften aufbaut. Ich sehe da durchaus Chancen. Und generell: Wenn HSVPlus nicht kommt, wird der Verein nicht im Chaos versinken, Damit möchte ich nicht für Gegner des HSVPlus-Modells Partei ergreifen. Ich bin an einer sachlichen Diskussion interessiert, an einer unparteiischen und professionellen Versammlungsleitung, die endlose Diskussionen vermeidet.

Der Aufsichtsrat hat ein Gutachten zur Ausgliederungsdokumentation und dem Bericht erstellen lassen. Wie lautet Ihr Fazit?

Meier: Richtig, wir haben uns extern beraten lassen. Es sind aber noch Dinge offen, die es uns nicht ermöglichen, umfassend eine Beurteilung abzugeben. Uns liegen einfach wirtschaftliche und steuerliche Bewertungen nicht vor, die mehr als Prosatext sind, sondern harte Zahlen, um eine Empfehlung abgeben zu können.

Nennen Sie bitte ein Beispiel.

Meier: Es ist für den HSV e.V. entscheidend, ob er durch eine Ausgliederung eine Million oder zwei Millionen Euro an Belastungen hat. Meiner Meinung nach müssten solche Unterlagen einem Kontrollgremium in einer Planrechung vorliegen. Liegen sie aktuell aber nicht.

Teilen Sie die Sorge vieler Amateursportler, in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten?

Meier: Wenn mich das ein Sportler fragt, muss ich ihm antworten: Dazu kann ich keine Empfehlung abgeben, was nicht heißt, dass es gut oder schlecht ist.

Hätte man nicht diesen Showdown zwischen HSVPlus-Befürwortern und -Gegnern vermeiden können?

Meier: Mein Ansatz ist ein anderer: Es muss immer noch ein fairer Umgang miteinander möglich sein, das ist mir persönlich sehr wichtig. Persönliche Beleidigungen und Diffamierungen dürfen nicht dazu führen, dass Leute aus der Emotion heraus weglaufen. Der Verein darf nicht auseinanderbrechen! Uns muss es gelingen, dass jedes Mitglied seine Argumente vorbringen kann.

Spielen wir das mal durch. HSVPlus siegt, am Dienstag wird Dietmar Beiersdorfer installiert…

Meier: ….Halt, das geht nicht alles von heute auf morgen. Grundsätzlich verschwindet der HSV in seiner alten Form ja nicht am 25. von der Bildfläche. Die Fußball AG ist ja erst voll handlungsfähig, wenn sie ins Handlungsregister eingetragen wird. Wenn alles schnell läuft, wären wir in diesem Fall Ende Juni soweit. So lange würden wir in enger Absprache weiter unseren Pflichten nachkommen. Gerade deshalb ist ein vernünftiger Umgang so wichtig, damit ein geordneter Übergang gewährleistet ist.

 

Von Alexander Laux und Peter Wenig

Hamburger Abendblatt, 23.05.2014