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Im Reich eines Visionärs

Lübecker Nachrichten Online Lokales, 04.03.2012

Markenzeichen rote Schuhe: Jürgen Hunke (68) steht vor dem Eingang seiner schneeweißen Pagodenvilla in Timmendorfer Strand (Ostholstein). Der spendable Unternehmer sagt: „Lieber gebe ich etwas ab, bevor ich die Mauern um meine Häuser immer höher ziehen muss.“

Wer viel Geld hat, sollte davon etwas an die Allgemeinheit abgeben. Das meint Jürgen Hunke (68), Mäzen mit Villa am Timmendorfer Strand.

Jürgen Hunke – ehemaliger Versicherungsunternehmer, Hamburger Politiker, HSV-Präsident – hat kein Problem damit, dass alle Welt sieht, wo sein Millionenvermögen bleibt. An der Timmendorfer Strandallee, dort, wo Ostseegrundstücke am teuersten sind, bewohnt er drei Villen. Er behauptet: Es ist ein einziges Haus. „Alles miteinander verbunden.“ Über 1000 Quadratmeter Wohnfläche. Weiße Dachpfannen, weiße Klinker, asiatisch angelegter Garten, vor dem Spaziergänger auf der Kurpromenade staunend stehenbleiben. Wenn Sie das Anwesen suchen: Nur schauen, wo Sie Menschen mit offenem Mund finden.

Hunke selbst nennt sich heute einen „unabhängigen, selbstbestimmten Privatier, der manchmal verrückt erscheinenden Plänen anhängt“. Einer davon mag das Teehaus sein, das in Kürze auf einer neuen Seebrücke von Timmendorf installiert werden soll. Die 1,2 Millionen Euro, die es kostet, schenkt Hunke der Gemeinde mit seinem Ableben. Dass er einen Bürgerentscheid überstehen musste, um die eigenwillige fernöstliche Architektur des Teehauses durchzusetzen, hat ihn irritiert – aber nicht von seinem sturen Weg abgebracht. „Da muss man cool bleiben“, sagt der gebürtige Westfale. Ein paar hundert Meter von seinem Traumdomizil („welch ein Blick über die Ostsee“) hat Hunke der Gemeinde eine marode Lesehalle abgenommen und betreibt dort heute als Pächter den „Mikado Garden“, eine Galerie und Buchhandlung. Das Sortiment: erlesene Kunst und Belletristik. Drei weitere Mikado-Galerien stehen in Berlin und Hamburg. Die Hamburger Kammerspiele hat Hunke mit seinem Geld als geschäftsführender Gesellschafter mal so eben vor dem Ruin gerettet, Geld in diverse Sportvereine gepumpt. Und, und, und . . .

Er komme aus der evangelischen Jugendarbeit, sei Mannschaftssportler, formuliert Hunke. „Da bekommste früh ein Gefühl für Gemeinschaft.“ So habe er gelernt, dass Gesellschaft nicht funktionieren könne, „wenn nicht einer für den anderen einsteht“, begründet der Wahl-Timmendorfer sein „Engagement“. Das Wort Mäzen hört er nicht gern. Und während Handwerker gerade den edelhölzernen Aufgang zu seinem Swimmingpool herrichten, sagt er: „Es ist die Zeit gekommen, dass Menschen, denen es besser geht, die Schwächeren mit sich ziehen.“ Hunke redet sich beinahe in Rage, wenn er daran denkt, wie andere Wohlbetuchte mit ihrem Geld umgehen. Menschen, die so reich geworden seien, dass vier weitere Generationen – ohne zu arbeiten – von diesem Vermögen leben könnten. So etwas dürfe einfach nicht sein. „Lieber gebe ich etwas ab, bevor ich die Mauern um meine Häuser immer höher ziehen muss“, sagt der Privatier und eilt schon wieder ans läutende Telefon.

Hunke spricht davon, mit seinem Engagement Signale setzen zu wollen. Ein paar Vorschläge hätte er da. „Superreiche sollten einen Fonds für Bildung und Ausbildung gründen.“ Er plädiere auch dafür, die Erbschaftssteuer anzuheben.

Dank für sein breites Engagement erwartet Hunke nicht. Aber frei bleiben in seiner Entscheidung, wem er mit seinem Geld hilft, das möchte er schon. Die vielen Bettelbriefe, die er täglich erhalte, ließen ihn daher unbeeindruckt.

Hunkes asiatisch inspirierte Gartenanlage riecht danach, ein kleines Vermögen verschlungen zu haben. „Wir haben doch nichts zu verstecken“, sagt der 68-Jährige. Hunke ist Asien-Fan. Als junger Mann ist er zum ersten Mal nach China gereist – und war fasziniert. Von der Philosophie des Buddhismus und der fernöstlichen Welt sei er seitdem nicht mehr los gekommen – „vor allem nicht von ihrer besonderen Ästhetik“. Ergebnis sind die Mikado-Läden und seine Sammlungen von Buddha-Darstellungen. Hunke sagt stolz: „Sie gelten als die umfangreichsten weit und breit.“

Hunke präsentiert auf die Schnelle noch den neuesten Entwurf für sein Teehaus. „Ganz frisch vom Architekten“, sagt er und knipst den groß dimensionierten PC-Bildschirm an. Gleich dahinter öffnet sich durch die Glasfront der unverbaubare Blick über die Neustädter Bucht. „Ist doch keine Schande, Geld zu haben“, sagt er und tritt hinaus auf den Balkon.

Von Curd Tönnemann

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vom 04.03.2012